Generationenprojekt – gemeinsam gedenken

09.11.2024 | Schüler:innen 8A und Patrizia D‘Alessandro

Eine Gruppe Menschen sitzt im Brucker Stadtmuseum zusammen
 
 

Mauthausen - Wie ist das jährliche Projekt mit nur 17 Schüler:innen realisierbar? Der Besuch der Gedenkstätte ist fast ausschließlich mit dem Bus möglich und somit würden enorme Kosten auf die Jugendlichen bzw. ihre Eltern zu kommen. 
Frau Professor D’Alessandro stellte sich im Frühjahr 2024 der Aufgabe, den Schüler:innen die Fahrt trotzdem zu ermöglichen.  


Die Lösung - ein generationenübergreifendes Projekt mit dem Stadtmuseum der Stadt Bruck an der Mur - war geboren. Die Idee dahinter war es, dass interessierte Brucker:innen sich gemeinsam mit Schüler:innen der Thematik Antisemitismus und Holocaust widmen sollten. Hierbei würde es vor allem um den gemeinsamen Austausch sowie um die Erfahrungen mit dem Thema gehen. Durch Aufrufe auf der Schulhomepage, in den Brucker Stadtnachrichten und durch das Brucker Stadtmuseum gelang es, einen Bus für 50 Personen zu füllen. Vonseiten der Stadtgemeinde wurde ein Förderansuchen gestellt. Das Projekt wurde vom Österreichischen Nationalfonds mitfinanziert und die restlichen Kosten wurden durch das Stadtmuseum gedeckt. Somit mussten die Beteiligten lediglich das Vermittlungsangebot bei der Gedenkstätte bezahlen. 
 
12. September 2024, Stadtmuseum 
Klick, Klick, Klick… Die letzten Vorbereitungen am Computer wurden getroffen. Im Stadtmuseum warteten schon alle gespannt - sowohl wir Schüler:innen, als auch die restlichen Teilnehmer:innen des Generationenprojekts. Frau Professor D‘Alessandro begrüßte alle zu Beginn mit einer kurzen Rede über das Entstehen des Projekts. Auch Frau Direktorin Fruhmann sowie weitere Professor:innen konnten am Projekt teilnehmen. 
 
Anschließend bekamen alle Teilnehmer:innen einen Einblick in das Thema Holocaust in Form eines Vortrages, welcher von Frau und Herrn Professor D‘Alessandro geleitet wurde.  
Nach dem ersten Input wurden wir in Gruppen eingeteilt und behandelten einige Fragen, die wir im Anschluss auch nachbesprachen, und lernten uns dabei kennen. Die Gruppen bestanden aus Schüler:innen und den weiteren Teilnehmer:innen des Projekts. Hierbei ging es vor allem um den Austausch mit der Thematik. Wie ging man früher mit den Geschehnissen des 2. Weltkriegs um? Wie wurde über das Thema Holocaust gesprochen? Wann wurde gesprochen? Wie gehen die Jugendlichen heute mit der Thematik um und wie bekommen Sie das Geschehene vermittelt? Viele verschiedene Erfahrungen und Geschichten kamen dabei zum Vorschein. Am Ende des Tages gingen alle nach Hause und warteten schon gespannt auf den 11. Oktober. 
 
11. Oktober 2024, Besuch der Gedenkstätte Mauthausen 
Jetzt stellten sich Fragen wie: Entsprechen unsere Erwartungen der Wirklichkeit? Wie fühlt es sich an, dort zustehen, wo so viel Leid passiert ist? Am 11. Oktober fuhren wir nach Mauthausen, um uns mit diesen und einigen weiteren Fragen auseinanderzusetzen. Dort angekommen, war die Stimmung bedrückt und weitere Fragen taten sich auf: Wie konnten so viele Leute „nichts davon wissen”? Vielleicht weil es aussieht wie eine Festung? - Obwohl es von allen Seiten zu erkennen ist und direkt davor sogar Sportwettkämpfe stattfanden. 


1. Station – Vorbesprechung: Nach der Einteilung in drei generationenübergreifende Gruppen wurden wir jeweils in einen Besprechungsraum geführt, wo wir uns viel mit unserem eigenen Wissen beschäftigten und gemeinsam zu unseren Vorstellungen eine Mindmap erstellten. Dann durften wir uns Fotos, ohne die Hintergrundgeschichte zu kennen, aussuchen, auf welchen unser Rundgang basierte. 

2. Station – Rundgang: Durch viele Denkpausen und die empathische Art der Erzählung unserer Guides konnten wir viel Wissen und Emotionen aus dem Rundgang mitnehmen. Wir starteten beim Fußballplatz, vorbei an der Todesstiege, durch die Wäscherei, die Baracken bis zum Raum der Namen und letztendlich der Gaskammer.

3. Station – Nachbesprechung: Jeder Gruppe wurde eine andere Fragestellung mit auf den Weg nach Hause gegeben, beispielsweise: Was können wir tun, damit sowas nie wieder passiert? Was könnt ihr vom heutigen Tag mitnehmen? Diese Fragen begleiteten uns auch auf unserem Weg nach Hause. 
Um uns wieder ins Heute zurückzuholen, machten wir am Heimweg noch einen kurzen Stopp bei einer Fastfoodkette. 
 
24. Oktober 2024, Nachbesprechung und Vortrag  
„Trotzdem Ja zum Leben sagen.“ - Obwohl unser Ausflug zur Gedenkstätte nach Mauthausen eher von bedrückender Stimmung geprägt war, waren dies die Worte, mit denen unsere Nachbesprechung des Generationenprojekts begann. Neben diesem Titel von Viktor Frankl wurden uns weitere Bücher vorgestellt, um tiefer in die Thematik eintauchen zu können. In einer darauffolgenden generationenübergreifenden Reflexionsrunde konnten wir unsere Impressionen besprechen, wobei die ruhige Stimmung auch im Stadtmuseum wieder zu spüren war. Als besonders interessant zu erwähnen ist der Besuch von Univ.-Prof. Mag. Dr.phil. Gerald Lamprecht, welcher uns die jüdische Geschichte in der Steiermark im Verlauf der Zeit näherbrachte. Was befand sich vor 76 Jahren in der heutigen Brucker Oberdorferstraße? Wie viele Jüd:innen leben heute in Österreich? All diese Fragen und noch viele mehr wurden uns während des informativ gestalteten Vortrags beantwortet.  
Abschließend möchten wir uns beim Brucker Stadtmuseum, der Stadtgemeinde Bruck und dem Nationalfonds sowie bei den Brucker Bürger:innen, die an diesem Projekt mit uns teilgenommen haben, herzlichst bedanken.  


Statements unserer Teilnehmer:innen nach dem Besuch der Gedenkstätte: 
 
„Wie können sich Menschen so in die Irre führen lassen, um solche unmenschlichen Dinge tun zu können?“ 
 
„Wenn jeder Mensch einen Ort wie diesen besucht hätte, würde die politische Lage/Tendenz anders aussehen?“ 
 
„Dankbarkeit – Dass es diese Möglichkeit gibt und man diesen Ort besuchen kann. 
Hoffnung, dass es viele Menschen gibt, die diese Gedenkstätte besuchen und diese Taten unvergessen bleiben. 
Mitwirken – den eigenen Kindern Vorbild sein, damit so etwas nicht mehr passieren kann. 
Was lernen wir daraus? 
…sobald ich einen Menschen nicht auf Augenhöhe begegne, habe ich den ersten Schritt in die falsche Richtung getan!!!“ 
 
„190 000 Menschen – 190 000 Geschichten, die wir nie alle kennen können. Wir können ihnen nur Respekt erweisen, wenn wir nicht vergessen, was ihnen angetan wurde.“ 
 
„Ein Riesenunterschied, ob ich davon lese, höre, einen Film darüber sehe, oder tatsächlich über das Gelände gehe und in denselben Räumen stehe, wo so viele Menschen so unendlich misshandelt wurden. Danke für diese Möglichkeit heute.“  
 
„Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf!!!"
 
„Niemals die Menschlichkeit vergessen! 
Niemals aufhören sich zu erinnern!“  
 
„Seid wachsam! Medien, Justiz sind schnell entmachtet, Andersdenkende und Schwache unterdrückt.“  
 
„So viel Aufwand wurde in die totale Zerstörung von Menschen investiert – was hätte man mit so viel Energie stattdessen FÜR Menschen tun können. Machen wir es besser …“ 
 
„Bei kleinen Ungerechtigkeiten nicht den Mund halten, sondern aufstehen, den Mund aufmachen und mitreden, Zivilcourage entwickeln ist ein Ziel. Sprachlosigkeit und Schweigen angesichts von so viel Leid, das in der Vergangenheit liegt, wir können nur die Gegenwart gestalten. …“ 

„Ein Generationenprojekt, das Menschen verbindet und unterschiedliche Perspektiven vereint. Auf dass wir nie unsere Achtsamkeit verlieren.“